Eine Krankheit des BMW i3 sind die vorderen Federbeinmanschetten: Diese zerbröseln einfach, und zwar nach recht geringen Laufleistungen (30.000 – 40.000 km). Vermutlich hat BMW gerade in den frühen Modellen einfach schlechtes Material verbaut. Immerhin: Es gibt eine PUMA1 (Nr. 59834045), d.h. das Problem ist bei BMW bekannt und die Federbeinmanschetten werden oft auf Kulanz ausgetauscht. In meinem Fall hatte ich kein Glück, und meine BMW-Niederlassung rief 660 Euro für den Austausch aus – bei einem Materialwert von 50 Euro.
Nein danke, also losgestiefelt und Werkzeug sowie Ersatzteil besorgt. Im Folgenden beschreibe ich den Austausch der vorderen Federbeinmanschetten an einem BMW i3. Ziel ist es, die Schrauben am Stützlager zu lösen und das Federbein zur Seite wegklappen zu können. Das Federbein muss also nicht komplett ausgebaut werden, was nicht nur Zeit, sondern auch eine Spurvermessung spart.
Vorbereitung
Die vorderen Federbeine sind oben am Stützlager mit drei Schrauben mit der Karosserie verbunden. Diese Schrauben reissen wohl gerne ab, daher hab ich meine über mehrere Tage immer mal wieder mit Schnellrostlöser (Liqui Moly Pro-Line) behandelt und hatte beim Ausbau keine Probleme. In der Zwischenzeit hab ich das Material bestellt (Realoem hat ne schicke Explosionszeichnung):
Was? | Wieviele? | Teilenummer |
---|---|---|
febi Austauschsatz Federbeinmanschette | 1 | febi Nr. 182874 |
Schraube Stützlager | 6 | BMW Nr. 07147186929 |
Mutter Stützlager | 2 | BMW Nr. 33326760368 |
Der Austauschsatz von febi beinhaltet auch die Anschlagpuffer — da meine aber noch gut ausgesehen haben, hab ich auf einen Austausch der alten verzichtet. Alternativ kann man auch das BMW-Originalteil (BMW Teilenummer 31336852223) kaufen, der Austauschsatz ist aber billiger. Die Schrauben und Muttern am Stützlager können laut BMW nicht wiederverwendet werden, daher einmal neu.
Ich hab das folgende Werkzeug verwendet:
- Spanngurt
- Steckschlüsselsatz 1/4 und 1/2, primär für SW 16 und SW 18
- Ringmaulschlüsselsatz
- Drehmomentschlüssel
- Stecknüsse T40 und T30
- Hahnenfußschlüssel SW 19 (BGS 1756-19) und SW 22 (BGS 1757-22)
- Außensechskant-Gegenhalter-Stecknuss SW 18 (KS Tools 150.9418) und SW 16 (KS Tools 150.9416)
- Federspanner Tecpo Nr. 300883
Federspanner, Gegenhalter-Stecknüsse und Hahnenfußschlüssel hab ich neu gekauft, den Rest hatte ich schon. Der Federspanner ist ein Chinamodell, aber ganz okay verarbeitet und kommt auch mit Plastikauflagen für die Federn. Damit beschädigt man die Lackierung der Federn nicht und verhindert Rostschäden. Die Werkzeuge haben zusammen etwa 150 Euro gekostet, und das Material nochmal 50 Euro. Insgesamt also deutlich billiger als das Angebot von BMW, und das Werkzeug wird ja nicht schlecht.
0. Aufbocken und Rad demontieren
Wie immer gilt: Bei Arbeiten an einem Elektroauto das Hochvoltsystem deaktivieren. Dann das Auto gegen Wegrollen sichern, die Radmuttern vorne auf der einen Seite anlösen und das Fahrzeug aufbocken. Dann das Rad komplett demontieren (Anzugsdrehmoment Radmuttern: 140 Nm). Ich verlasse mich nicht auf meinen Wagenheber, sondern sichere das Auto zusätzlich mit einem kleinen Bock. Sieht dann insgesamt so aus:
1. Kabel sichern, Höhenstandsensor abbauen
Damit man das Federbein weit genug aus dem Radhaus klappen kann, müssen die Kabel für den ABS-Sensor nicht ausgebaut werden. Es reicht, die Verbinderbox aus dem Radhaus zu ziehen. Dazu einfach die Verbinderbox zu sich ziehen – sie steckt via Christbaum im Radhaus:
Auf der linken Fahrzeugseite steckt, zusätzlich zum Kabel für den ABS-Sensor, auch ein zweites Kabel für die Bremsverschleißanzeige in der Box. Links muss man ausserdem auch den Höhenstandssensor für das Licht lösen (leider hab ich davon kein Bild, sieht man aber).
2. Pendelstütze lösen
Als nächstes löst man den oberen Kopf der Pendelstütze (Anzugsdrehmoment: SW16, 56Nm) am Federbein. Achtung: Bei der Demontage muss am Innen-Torx (T30) gegengehalten werden – das Gewinde des Pendelstützenkopfs darf nicht verdreht werden!
Um die Pendelstütze aus dem Federbein ziehen zu können, muss ggf. das Federbein komprimiert werden. Mein Federspanner war allerdings zu groß für das Radhaus. Alternativ hab ich das Federbein auf einem kleinen Bock abgestützt. Dazu den Wagenheber leicht absenken, bis das Federbein auf dem Bock aufliegt. Solange entlasten, bis die Pendelstütze keine Kräfte aufnimmt. In diesem Zustand kann der obere Pendelstützenkopf sehr einfach aus dem Federbein entnommen werden.
3. Stützlager lösen
Die drei Schrauben am Stützlager lösen. Vorsichtig vorgehen und die Schrauben nicht abreissen – aber dafür hab ich die Schrauben ja mit Schnellrostlöser behandelt (Anzugsdrehmoment: SW 8, 28 Nm). Danach kann man das Federbein unter dem Kotflügel durchdrücken und nach außen klappen:
Ich hab alleine gearbeitet und daher das Federbein mit einem Spanngurt an einem festen Bauteil befestigt. Ziel ist, das Federbein nach außen aus dem Radhaus klappen zu können, ohne die Kabel (s.o.) zu beschädigen. Das weiße Pulver auf dem Stützlager ist Korrosion des Gussaluteils, das hab ich einfach mit einer Drahtbürste entfernt. Das Gegenstück im Radhaus nicht vergessen!
4. Feder komprimieren
Mit dem Federspanner die Feder komprimieren, bis das Stützlager bzw. die zentrale Befestigungsmutter entlastet ist. Hier sollte man wirklich vorsichtig sein und auf einen guten Sitz des Federspanners achten. Ich musste die Position des Federspanners einmal korrigieren, weil ich die Feder sonst nicht ausreichend komprimieren konnte.
Die Mutter der Kolbenstange des Stoßdämpfers (Anzugsdrehmoment: SW 18, 64 Nm) lösen und dabei wieder mit einem T40 die Kolbenstange festhalten – nur die Mutter drehen!
5. Federbalg erneuern
Stützlager abnehmen und Federbeinmanschette entfernen. Alles reinigen. Das ist auch eine gute Gelegenheit, das Fett des Stützlagers zu erneuern. Die neue Federbeinmanschette einsetzen – dabei fand ich es hilfreich, mit ein paar Kabelbindern die Federbeinmanschette zusammenzudrücken. Die Kabelbinder kann man entfernen, sobald die Manschette im Federbein sitzt.
Auf korrekte Position der Feder auf der Federunterlage oben und unten achten! Ich hab mir mit einem weißen Stift die Lage der Feder markiert (links), man erkennt beim Rest der alten Manschette auch ganz gut, wo die Feder hingehört (rechts).
6. Und wieder zusammenbauen
Der Rest ist Fleißarbeit: Einfach den obigen Schritten in umgekehrter Reihenfolge folgen. Die Drehmomentangaben für die Montage habe ich oben schon in Klammern mit angegeben.
Das Anziehen mit Drehmoment ist etwas schwierig, wenn man gleichzeitig z.B. die Kolbenstange oder den Kopf der Pendelstütze nicht verdrehen darf. Ich hab daher das obige Konstrukt aus Drehmomentschlüssel mit Hahnenfußschlüssel, Ratsche und Gegenhalter-Stecknuss verwendet.
PUMA: BMW-interne Verfahrensanweisung, wie mit bekannten Problemen umzugehen ist. ↩︎