BMW sagt: Das Getriebeöl ist ein Lebensdaueröl, es muss nicht gewechselt werden. Wobei die Lebensdauer meines i3 laut BMW 160.000 km beträgt — eine Laufleistung, die mir recht gering erscheint. Ist das jetzt cargo cult science oder hat BMW recht? Keine Ahnung, ich hab mein Getriebe nach 90.000 km mit frischem Öl versorgt. Ist zumindest beim rein elektrischen i3 recht einfach, im Folgenden: Eine Anleitung.
Lohnt sich das?
Der BMW i3 hat ein Hypoidgetriebe mit hohen Anforderungen an das Getriebeöl. Ich habe eine Probe des alten Öls in einem Labor untersuchen lassen. Aus urheberrechtlichen Gründen kann ich die Analyse selbst nicht veröffentlichen — sie zeigt aber folgende Auffälligkeiten:
- Der Eisengehalt ist erhöht. Da das Getriebe nur mit einen halben Liter Öl geschmiert wird und es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Erstbefüllung handelt, ist das allerdings nicht ungewöhnlich. Trotzdem schadet es nicht, wenn der Eisenabrieb nach dem Ölwechsel nicht mehr im Getriebe ist.
- Das Öl ist deutlich niedrigviskoser als die Werksangabe. Die Analyse stuft das Öl eher als SAE80 ein. Eventuell BMW hat bei der Erstbefüllung statt dem aktuell empfohlenen SAE 75W-85 ein niedrigviskoseres Öl genutzt. Oder aber die Scherkräfte im Hypoidgetriebe sind sehr hoch und haben die Viskosität reduziert.
Für die Theorie mit dem abweichenen Öl bei der Erstbefüllung spricht auch, dass die Additive von der aktuellen Werksempfehlung abweichen. Ob das einen negativen Einfluss hat, kann ich nicht beurteilen — aber ich gehe davon aus, dass Ölempfehlungen nicht ohne Grund geändert werden.
Unterm Strich: Das alte Öl hat das Getriebe noch hinreichend geschmiert. Bei den relativ geringen Kosten für einen Getriebeölwechsel würde ich einen Wechsel zumindest der Erstbefüllung empfehlen, um den Eisenabrieb vom Einlaufen des Getriebes zu reduzieren. Die Viskosität eines neuen Öls ist auf jeden Fall näher an der aktuellen Werksangabe. Mein subjektiver Eindruck ist: Nach dem Tausch höre ich deutlich weniger Geräusche aus dem Getriebe. Und der Magnet der Ölablassschraube hatte auch einigen Abrieb aufgesammelt, der nun nicht mehr im Getriebe ist. Präventiv werde ich das Öl auch in Zukunft wechseln.
Die Anleitung, denn: Der BMW i3 ist speziell
Getriebeöl tauschen sollte ja eigentlich keine Raketenwissenschaft sein. Leider hat BMW in 04/2015 entschieden, dass sie das mit dem Lebensdaueröl ernst meinen: Es gibt gar keine Einfüllöffnung, wenn man dem BMW TIS vertraut. Stattdessen sagt die Werkstattdokumentation: Öl wird über den Eingang der Antriebswelle eingefüllt. Bedeutet also: Antriebswelle ausbauen, um Öl zu tauschen. Aus einer Kleinigkeit wird also ein Werkstattaufenthalt inklusive anschließender Fahrwerksvermessung. Absurd!
Was die BMW Werkstattdokumentation nicht verrät: Es geht auch viel einfacher, nämlich über die Entlüftung des Getriebes.
Was brauche ich dafür?
Ich hab für meinen BMW i3 94 Ah, Baujahr 2016, das folgende Material verwendet:
Was? | Wieviele? | Teilenummer |
---|---|---|
Hypoid-Getriebeöl (“BMW Hypoid Axle Oil G1”), 0,5 l | 1 | 82 22 2 295 532 |
Federmutter | 2 | 23 14 7 605 027 |
Dichtring (Alu) | 1 | 06 11 9 963 252 |
Das Öl ist ein vollsynthetisches SAE 75W-85 für Hypoid-Getriebe. Wenn man in der Werkstattdokumentation sorgfältig nachliest, findet man den Hinweis, dass es sich dabei um ein Castrol BOT-448 handeln könnte. Castrol schreibt im Datenblatt:
“BOT 448 is an efficiency-optimized rear axle lube, specifically developed for BMW rear axles without limited slip differential.”
Könnte also hinkommen, vorerst habe ich aber das OEM-Öl von BMW verwendet. Die Werkstattdokumentation sagt zu den Federmuttern, dass diese zu erneuern sind. Ich habe die alten erst einmal aufgehoben und würde beim nächsten Mal keine neuen Federmuttern einbauen. Eine Federmutter als Reserve schadet aber nicht. Den Alu-Dichtring sollte man allerdings in jedem Fall erneuern. Der kostet nicht viel und ist den Ärger nicht wert, wenn ein wiederverwendeter Dichtring inkontinent wird.
An Werkzeug braucht man
- eine 8er Hex-Nuss,
- eine passende Ratsche und Drehmomentschlüssel,
- eine Vielzahn-Nuss T25 (oder einen T25-Schraubendreher) und eine Schlitzschraubendreher,
- einen PVC-Schlauch mit ca. 12 mm Außendurchmesser, sowie einen kleinen Trichter, der in den Schlauch passt,
- und eine Wanne zum Auffangen des Altöls.
0. Warmfahren und aufbocken
Als Erstes empfiehlt es sich, das Getriebeöl warm zu fahren. Warmes Öl ist dünnflüssiger als kaltes, sprich: Es fließt besser. Das frische Öl durfte vorher ein paar Stunden auf einem Heizkörper warm werden. Mein Getriebe hatte nach einer kurzen Fahrt eine Temperatur von etwa 31 Grad, bei einer Außentemperatur von 7 Grad.
Danach bin ich auf meine Auffahrrampen gefahren, darunter hat man bequem Platz für den Ölwechsel. Sicherung gegen Wegrollen nicht vergessen! Ebenso empfiehlt es sich bei allen Arbeiten an einem Elektroauto, den Hochvolt-Stromkreis zu unterbrechen.
1. Gepäckraumboden ausbauen
Als Nächstes muss man den Gepäckraum-Boden herausheben. Der Servicedeckel darunter ist rundherum mit TX25-Schrauben befestigt — diese lösen und den Deckel herausheben. Darunter verbirgt sich der Antriebsstrang mit Elektromotor links, Getriebe in der Mitte und rechts viel Luft. Hier wäre bei den REX-Modellen der Range Extender installiert.
2. Getriebeentlüftung finden und freilegen
Rot eingekreist ist die Getriebeentlüftung. Diese ist mit einem Plastikdeckel verschlossen:
Der Deckel kann ohne Werkzeug entfernt werden — dazu einfach die beiden geriffelten Stellen unten zusammendrücken und den Deckel nach oben wegziehen. Die Entlüftung ist nun freigelegt:
3. Schallisolierung entfernen
Auf der rechten Seite des Getriebes ist eine silberne Schallschutzfolie mit zwei Federmuttern befestigt, Position siehe obiges Bild. Diese mit einem Schlitzschraubendreher vom Getriebe hebeln und die Schallschutzfolie nach rechts schieben.
4. Öl ablassen
Nun gehts mit Ratsche, Hex-Nuss und Auffangwanne unters Auto. Die Ablassschraube befindet sich an der Unterseite des Getriebes. Lösen und das alte Öl ablassen, idealerweise, ohne sich selbst komplett einzusauen. Das Öl ein paar Minuten abtropfen lassen. Auf meinen Auffahrrampen steht das Auto nicht horizontal, d.h. es kann eine kleine Menge Altöl im Getriebe verbleiben — allerdings mache ich mir bei der kleinen Menge keine Gedanken.
5. Ölablassschraube reinigen
Die Ölablassschraube ist mit einem Magnet versehen. Dieser hat hier auch seine Arbeit gemacht und kleine Stahlpartikel aus dem Getriebe gesammelt. Auf den ersten Blick war ich unsicher, ob hier auch größere Späne zu sehen sind. Aber nachdem ich den Magnet mittels Papier gereinigt hab, konnte ich keine größeren Späne finden:
6. Ölablassschraube wieder installieren
Die Ölablassschraube säubern und wieder installieren. Achtung: Nicht vergessen, einen neuen Dichtring zu montieren!. Mit dem Drehmomentschlüssel die Ölablassschraube mit 35 Nm anziehen. Das reicht aus, um den Dichtring zu verformen und so eine gute Abdichtung zu bekommen. Mehr Drehmoment beschädigt nur das Gewinde im Getriebe.
Anschließend das Getriebe von jeglichen Ölresten befreien — sonst wird es später schwer, Undichtigkeiten zu erkennen.
7. Frisches Öl einfüllen
Nun geht es im Kofferraum weiter. Den Plastikschlauch mit Trichter in die Getriebeentlüftung stecken und Öl einfüllen. Mehr steckt nicht dahinter:
8. Wieder alles zusammenbauen
Nicht vergessen, die Plastikabdeckung wieder auf die Getriebeentlüftung zu stecken! Danach die Schallisolierung mit den Federmuttern am Getriebe befestigen. Auf der Frontseite wird die Schallisolierung einfach unter die noch montierte Isolierung geklemmt, auf der Rückseite werden die Federmuttern auf die Alunasen am Getriebe gedrückt — fertig!
Zuletzt kommt der Servicedeckel wieder in den Kofferraum. Achtung: Die TX25-Schrauben werden in Neoprenmuttern geschraubt. Sie dürfen nur ganz leicht angezogen werden, da man ansonsten die Neoprenmuttern zerstört. Geht leider schnell, daher hab ich immer noch eine Neoprenmutter in Reserve (BMW Teilenummer 07 14 7 335 808).