Photovoltaikanlagen und der Eigenverbrauch

Nachtrag 17.06.2011: FBonNET weisst im Photovoltaik-Forum darauf hin, dass die Eigenverbrauchsregelung im §33(2) EEG einen zweistufigen Tarif vorsieht: Falls der Eigenverbrauchsanteil größer als 30% ist, so wird nur der Anteil größer 30% mit dem höheren Vergütungssatz abgerechnet. Das war in meinem ursprünglichem Artikel so nicht beschrieben, dies habe ich angepasst. Ich setze voraus, dass mein Eigenverbrauchsanteil kleiner 30% ist.

Ich verbrauche ja eigentlich recht wenig Strom - mit einer 2,5kWp-Photovoltaikanlage könnte ich quasi meinen Strombedarf in der Jahressumme komplett selbst decken. Dabei hilft natürlich, dass ich kaum daheim bin :-) Allerdings wohne ich zur Miete, und eine eigene Dachfläche ist derzeit kaum in Sicht. Also: Die folgenden Überlegungen sind rein hypothetisch, wenn auch mit realen Daten hinterlegt.

Für den Betrieb einer eigenen PV-Anlage finde ich den Eigenverbrauch besonders interessant, also den Strom meiner (hypothetischen) Photovoltaikanlage direkt im eigenen (realen) Haushalt zu verbrauchen. Aus der Sicht des Stromnetzes macht das durchaus Sinn, denn dann muss weniger Strom durch das Verteilnetz transportiert werden. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und fördert durch eine separate Eigenverbrauchsvergütung den lokalen Verbrauch:

Preiskategoriect/kWh
Einspeisevergütung28.74
Eigenverbrauch < 30 Prozent12.36
Eigenverbrauch > 30 Prozent16.74
Strombezug (Lichtblick)23.64

Alle Angaben in dieser Tabelle beziehen sich auf PV-Installationen kleiner 30 kWp auf Gebäuden, die im ersten Halbjahr 2011 ans Netz gingen (Quelle: Photon Mai 2011, S. 181). Rein rechnerisch gilt also: Entweder, man speist eine kWh Photovoltaik-Strom direkt in das Netz ein und erhält dafür 28.74 Eurocent. Oder man verbraucht die kWh direkt im eigenen Haushalt, was etwas komplizierter ist:

  • Bei einem Eigenverbrauchsanteil < 30% erhält man 12.36 Eurocent und spart (da man ja keinen Strom bezieht) gleichzeitig 23.64 Eurocent beim Stromkauf. Macht also 36.00 Eurocent.
  • Verbraucht man auf Jahressicht mehr als 30% seines eigenen Stroms, so ergibt dies 16.74+23.64=40.37 Eurocent für jede Kilowattstunde, die über den 30% liegen. Für den Anteil darunter bleibt es bei 36.00 Eurocent.

Bestimmung des Eigenverbrauchs

Dies gilt natürlich nur, wenn man auch den entsprechenden Stromverbrauch zeitgleich zur Produktion hat. Die folgende Zähleranordnung stellt die entsprechende Erfassung von Bezug, Einspeisung und Produktion sicher:

Oft sind Einspeise- und Bezugszähler auch in einem Zweirichtungszähler integriert. Die Gleichzeitigkeit von Produktion und Eigenverbrauch ist durch diese Anordnung ebenfalls sichergestellt — wenn die PV-Anlage produziert, wird dieser Strom “zuerst” verbraucht. Erst dann wird eventuell notwendige zusätzliche Leistung aus dem Netz entnommen.

Mit diesen drei Messpunkten können nun alle für die Abrechnung relevanten Größen errechnet werden. In meiner Simulation (siehe unten) mache ich folgendes: Für jede Minute wird die Situation im Hausnetz analysiert und daraus die Stromflüsse abgeleitet. Der entsprechende C++-Code sieht so aus:

for(uint16_t i=0; i<MINS_PER_DAY; i++) {
  netzsaldo[i]=consumption[i]-_production[i];
  einspeisung[i]=std::max(0, -netzsaldo[i]);
  eigenverbrauch[i]=std::min(_production[i], 
      consumption[i]);
  netzbezug[i]=std::max((int16_t) 0, netzsaldo[i]);
}

Man sieht: Es reicht nicht aus, eine Überschlagsrechnung zu machen. Es kommt darauf an, wann ein Gerät betrieben wird. Am einfachsten versteht man das anhand eines (realen) Beispiels.

Ein ganz normaler Sommertag

Meinen kleinen Simulationscode habe ich dazu benutzt, einmal einen prototypischen Sommertag durchzurechnen. Zunächst einmal: Welche Daten gehen als Eingabe in die Simulation?

  • Meine (hypothetische) Photovoltaikanlage. Diese Daten sind aus einer (realen) Anlage in der Nachbarschaft abgeleitet und auf 2.5kWp skaliert. Die Tagesproduktion sieht so aus, man kann ein paar Wolken erkennen:

* Mein Grundverbrauch. Wie oben bereits angedeutet bin ich oft nicht daheim, insofern ist diese Kurve recht unspektakulär. Morgens mache ich mir einen Cappucino, abends sitze ich am Rechner. Ansonsten sieht man nur meinen Kühlschrank.

Mit diesen Grundannahmen wäre das Modell recht langweilig, denn aufgrund meines geringen Tagesverbrauchs wäre ich nicht in der Lage, einen Eigenverbrauchsanteil > 30% zu erreichen. Ich simuliere daher noch eine Waschmaschine und einen Geschirrspüler. Die Simulation versucht, den Eigenverbrauch zu maximieren, indem sie die Einschaltzeitpunkte der Geräte optimiert. In der Realität wäre allerdings niemand da, der die Geräte dann einschalten kann. Eine Lösung zur Heimautomatisierung wäre in meinem Fall Pflicht.

Was errechnet nun die Simulation? Zunächst einmal ergibt sich nach der Optimierung der Einschaltzeiten folgender Netzsaldo:

Negative Werte stellen hier Einspeisung, positive Werte den Bezug dar. Ein Teil meines Cappuccino-Stroms kann die Photovoltaikanlage liefern, jedoch nicht alles. Auch bei der Waschmaschine, die hier um die Mittagszeit läuft, muss Strom aus dem Netz bezogen werden. Dafür läuft der Geschirrspüler (vor der Waschmaschine) ausschließlich mit dem PV-Strom.

Etwas deutlicher sieht man das auch an dem Eigenverbrauch, sprich: Dem Anteil des PV-Stroms, der direkt im Haushalt verbraucht und mit 12.36 bzw. 16.74 Eurocent vergütet wird:

Trotzdem wäre ich nicht in der Lage, den Strombedarf all meiner Geräte aus der PV-Anlage zu decken. Folgende Leistung wird aus dem Netz bezogen:

Fazit

Inwiefern diese Simulation einen typischen Tag darstellt, kann ich momentan nicht genau belegen. Ich halte das Szenario jedoch für realistisch (mehr Statistik wäre notwendig, um das auch zu belegen).

Die Eckpunkte der Simulation:

  • Die PV-Anlage produziert 14,1909kWh. Bei direkter Einspeisung und einer Einspeisevergütung von 28,74 Eurocent würde die Anlage an diesem Tag 4,01744 Euro erwirtschaften. Gleichzeitig muss aus dem Stromnetz natürlich noch Strom für den Betrieb der Geräte gekauft werden: 7,67198kWh, macht -1,81366 Euro. Das Gesamtsaldo ist also 2,20379 Euro.

  • Für die Eigenverbrauchsoptimierung ergibt sich folgendes Szenario: Der Geschirrspüler wird um 10:15, die Waschmaschine gegen 12:20 eingeschaltet. Das sind jeweils die optimalen Einschaltzeiten, bei denen der Eigenverbrauchsanteil maximal ist. Die Einspeisung beträgt 8,7552kWh, dies entspricht 2,4786 Euro. Der Eigenverbrauch beträgt 5,4357kWh und wird mit 0,671853 Euro vergütet. Um den restlichen Strombedarf des Haushalts zu decken, müssen 2,23628kWh aus dem Netz bezogen werden, entspricht -0,528657 Euro. Das Gesamtsaldo beträgt also 2,62179 Euro. Wenn der Eigenverbrauch über das gesamte Jahr über 30% liegen würde, dann wäre die Vergütung nochmal höher.

Der Eigenverbrauch würde sich in diesem Szenario also knapp rechnen: Rund 41,8 Eurocent Mehrertrag würden sich realisieren lassen. Dem gegenüber stehen allerdings Investitionen in zusätzliches Zählerequipment. Ebenso unberücksichtigt sind Investitionen in ein Hausbussystem und eine Optimierung, welche die Einschaltzeitpunkte der Haushaltsgeräte optimiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Diskussion über die Nutzung der Eigenverbrauchsregelung nur Sinn macht, wenn auch die Verbrauchsmöglichkeiten des PV-Stroms mit einbezogen werden. Auf der Intersolar 2011 war ich etwas verwundert, dass dieser Aspekt in vielen Gesprächen untergegangen ist. Bei anderen Stromverbrauchscharakteristiken kann die Rechnung auch anders aussehen, dies ist im Zweifelsfall nochmal separat zu simulieren. Wer mittags elektrisch kocht, dürfte auch andere Freiheitsgrade bei der Optimierung haben.

Was ein erschwingliches Hausbussystem anbelangt: Daran arbeite ich gerade im Projekt mySmartGrid. Auch die Eigenverbrauchsoptimierung ist Gegenstand der Arbeit meines Kollegen Matthias Klein. Stay tuned.

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